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Jazz we can im Stöffel-Park:

Open-Air-Konzert mit den besten Zutatenlost in the jam 3 tast

"Jazz we can“, die Musikreihe von Hans Ruppert (Bad Marienberg), ist Titel und Programm. Zwei Bands haben das erneut bei einem Open-Air-Konzert in Enspel bewiesen. Die einen im guten alten Stil nach Cotten-Club-Manier: Lost in the Jam. Die anderen mit musikalischem Crossover – mit Anleihen aus der Klassik, dem Jazz und dem Rock: Voyager IV.


Die Basaltbühne des Stöffel-Parks, ein ehemaliges Silo, war ein optimaler Platz für ein Konzert an einem heißen Sommerabend. Nicht zuletzt, weil die Lichtshow bei Voyager IV neben der Bühne auch noch ein Stück der alten Industriekulisse anleuchtete.

So unterschiedlich die zwei Gruppen waren, bei beiden konnte man mitschwingen und sich mitreißen lassen. Mehrere Musiker aus beiden Formationen sind gute alte Bekannte, die sich schon seit ihrem Jazzstudium in Arnheim (NL) kennen. Der hervorragende Trompeter Gregor Groß spielte sogar einige Parts bei Voyager mit.

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Ansonsten zählte er aber zu Lost in the Jam, die Stücke hören ließen wie „Do you know what it means to miss New Orleans“ , bei denen Groß (der auch Flügelhorn spielte) gerne mit dem Timbre von Louis Armstrong sang – wobei er noch ein bisschen mehr Grollen und Rollen in die Stimme legte. Ganz typisch für die Gruppe waren auch, neben den Trompetensoli, die fantastischen Sax-Einsätze von Frank Bergmann und Marjan Cygmunt. Armin Franz (Piano), Johannes Pfeifer (Bass) und Karl Fedke (Drums) machten das Ganze perfekt.

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Dazu kam immer wieder die Stimme von Annette Briechle, die „Teach me tonight“ ebenso souverän sang wie das zungenbrecherische „Airmail special“, das die unvergleichliche Ella Fitzgerald schon in Scat-Manier sang. Duke Ellington wurde natürlich auch zitiert (u.a. mit dem Jazzklassiker „Take the A Train“), er trat wie Armstrong und Cab Colloway, dessen Stück „Minnie The Moocher“ auch zu hören war (bekannt durch die Blues Brothers), im New Yorker Cotton Club auf – rund 100 Jahre ist das her.

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Mit großer Spielfreude und Können füllte Voyager IV die Bühne. Ihr Prog-Rock nahm sich hier – wie schon Emerson, Lake and Palmer (ELP) – Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ vor. Obwohl ihre Interpretation Stilgrenzen überschreitet, war auch noch Platz für Improvisation. Schinkel gestand: „Ich spiele nie ganz gleich.“

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Wenn die sie umringenden Fotografen samt Drohne mal zur Seite traten, musste man staunen: Es standen wirklich nur vier Musiker da: Zunächst einmal der extrovertierte Marcus Schinkel, der die Tasten von Piano und Keyboard virtuos beherrschte – in allen möglichen Positionen und bühnenfüllend u.a. mit Keytar (Umhänge-Keyboard) sowie einem 360-Grad-drehbaren Keyboard – und auch die Laserharfe zu spielen verstand. Dieses Instrument, das Jean Michel Jarre bekannt gemacht hat, erreichte das Publikum gleichzeitig visuell wie akustisch. Feine Klang- und Rhythmusvielfalt, etwa seitens Johannes Kuchta, der lautmalerische Akzente setzte, bis hin zum wilden Schlagzeugsolo von Wim de Vries (bester Drummer der Benelux-Staaten 2016) wurde geboten, während Fritz Roppel am E-Bass unerhört gut „abrockte“.

Letztlich muss noch die Stimme von Kuchta erwähnt werden: ein bisschen Barde, ein bisschen wie Phil Collins oder andere bekannte 70er-Jahre-Sänger, die uns Geschichten erzählten: poetisch und versponnen, gewitzt und warm. Und frei nach ihm – und ELP – können hoffentlich viele aus dem Publikum in Erinnerung an diesen Abend nun sagen: „What a lucky (wo)man I was“. So wie das Wim kann: Der niederländische Schlagzeuger hatte Geburtstag, und eine Menge Gratulanten aus seiner Familie waren für ihn angereist. Veranstalter Hans Ruppert hatte seine Freude an der erlebnisreichen Musik, der Lichtshow, dem Sound, für den er auch Techniker Steffen Wertz lobte. Und seine Hymne erklang natürlich auch: Dieses Mal sang Annette Briechle „Jazz we can“!
(Text und Foto: Tatjana Steindorf)