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Kreuz-Verhör mit Pfarrerin Elisabeth Huhn in Höchstenbach

Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche fragt nachInterview Nadine Bongard mit Elisabeth Huhn

Es herrscht Ausnahmezustand - auch im Evangelischen Dekanat Westerwald. Krise, Glaube, Kirche - was macht das alles mit den Leuten?  Ich bin Nadine Bongard und arbeite im Fachbereich Gesellschaftliche Verantwortung im Evangelischen Dekanat Westerwald. Nachhaltige und gerechte Wirtschafts- und Finanzpolitik, Arbeits- und Sozialthemen,

Infrastrukturprobleme im ländlichen Raum, Umweltthemen und Digitalisierung sowie Jugendpolitische Bildung sind die weitgefächerten Themen, mit denen sich mein Kollege Wilfried Kehr und ich im Westerwald und das zugehörige Zentrum für Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) in Mainz beschäftigen.
Aktuell interessiert mich, wie sich das Zusammenleben in unseren Dörfern und Kirchengemeinden im Westerwald durch Corona verändert hat. Wie sieht unser Leben nach Covid-19 aus? Ich habe nachgefragt - zunächst bei Pfarrerin Elisabeth Huhn aus Höchstenbach.

Bongard: Haben Sie als Pfarrerin eher mehr oder weniger zu tun als vor dem Lockdown?

Huhn.: Die Arbeit hat sich verändert, ist aber nicht unbedingt weniger geworden. Natürlich fallen lange Vorbereitungszeiten für Schulstunden, Gottesdienste und andere Veranstaltungen weg. Aber anderseits erlebe ich die Zeit als intensiv, was meine Seelsorgetätigkeit angeht. Täglich rufen Menschen an, die sich emotional oder sozial in einer schwierigen Lage befinden. Oder ich selbst rufe an - vor allem Alleinstehende und Senioren und Seniorinnen.

Interview Nadine Bongard mit Elisabeth Huhn

Nadine Bongard von der Fachstelle für Gesellschaftliche Verantwortung im Evangelischen Dekanat Westerwald (rechts) interviewt die Höchstenbacher Pfarrerin Elisabeth Huhn coronasicher digital übers Laptop.  (Foto: Peter Bongard)


Bongard: Hatten Sie schon Beerdigungen?

Huhn: Ja, und das ist echt schlimm, denn wenn hier auf dem Land nur die engsten Angehörigen kommen dürfen und nicht, wie sonst üblich, das halbe Dorf, dann ist es, als ob die Lebensleistung des Verstorbenen gar nicht gewürdigt wird. Das schmerzt.

Bongard: Wie einschneidend ist die Krise?

Huhn: Die Kanzlerin hat in ihrer Ansprache gesagt, dass es seit dem Zweiten Weltkrieg kein derartig einschneidendes Ereignis mehr gegeben hat. Anders als bei 9/11 oder der Finanzkrise bricht die Coronakrise in all unsere Lebensbereiche ein. Sie kommt uns ganz nah. Es erinnert an die Schilderungen von mittelalterlichen Pestereignissen, wo Menschen einfach hingerafft wurden.

Bongard: Steckt in der Krise eine Chance?

Huhn: Ich glaube schon, dass bei vielen ein Umdenken stattfindet. Wir fragen uns: Was ist wirklich wichtig? Erfreulicherweise verlieren die Populisten auf der politischen Bühne gerade an Zulauf, dafür haben wir eine breite Zustimmung für die Parteien der Mitte, die zu gemeinsamen Entscheidungen kommen. Wir lernen, dass Pflegekräfte und Supermarktangestellte wichtig für uns sind und auch monetär mehr wertgeschätzt werden sollten.

Bongard: Werden nach der Krise mehr Menschen in die Kirche kommen?

Huhn: Ich denke nicht. Als gebürtige Sächsin vergleiche ich das mal mit der Situation in der Wendezeit. Die Kirchen waren damals voll und hatten ja mit den Montagsgebeten und der Friedensbewegung einen wesentlichen Anteil an den Ereignissen 1989. Und trotzdem hatten sie nach der Wende auch unter Mitgliederschwund zu leiden. Ich denke, trotz weniger Besucher in den Sonntagsmorgengottesdiensten sind die allermeisten Menschen gläubig. Kirche sollte meiner Meinung nach da stattfinden, wo die Leute sind: Die Pfarrerin, die den Kirmesgottesdienst hält oder bei großen Familienfesten, bei wichtigen Lebensereignissen wie Hochzeit, Taufe, Jubiläum dabei ist. Der geistliche Beistand in Krisensituationen oder am Lebensende - das sind Orte, wo Kirche hingehört. Die Gottesbeziehung des Einzelnen und die Gemeinschaft untereinander ist das, was zählt, nicht volle Gebäude.

Bongard: Ist Corona eine biblische Plage, ein göttlicher Denkzettel?

Huhn (lacht): Neulich fragte mich jemand: „Erst die Heuschreckenplage in Afrika und jetzt Corona - ist das vielleicht die Apokalypse? Nein, das passt nicht zu meinem Gottesbild. Ich denke nicht, dass wir Menschen an irgendwelchen Naturereignissen Gottes Vorhaben ablesen können. Gott ist Gott und denkt in anderen Dimensionen als wir Menschen. Er folgt nicht unserer Menschenlogik. Und er ist kein strafender Gott. Da bin ich bei Luther - wir sitzen in der Grube und der gnädige Gott zieht uns raus. Gott liebt uns. Er sagt: Du bist zwar doof und baust Scheiß, aber ich hab dich trotzdem lieb. Deshalb: Nee, kein strafender Gott und auch keine Apokalypse.

Bongard: Nützt Beten was?

Huhn: Also, ich glaub nicht, dass Beten so funktioniert wie Online-Petitionen - wenn 1 Million Leute gegen das Virus gebetet haben, lässt Gott es wieder verschwinden, oder so. Gebet ist doch der Ausdruck meiner Beziehung zu Gott. Gottes Wege sind nicht begreifbar und oft stehen wir auch als Gläubige daneben, wenn zum Beispiel jemand plötzlich stirbt und wir können es nicht verstehen. Manchmal wird Gottes Wirken im Nachhinein merkbar, manchmal aber auch nicht. Gebet ist auch Abgeben von seelischen Lasten an Gott. Und natürlich Dankbarkeit.

Bongard: Was bringt die Krise für die Klimawende?

Huhn: Im ersten Quartal gab es einen erfreulichen Rückgang der CO2- Emission! Keine Ahnung, ob das letztlich viel bringt… An der Krise sehen wir aber, dass Homeoffice in vielen Fällen möglich ist. Das Dekanat könnte vielleicht für kurze Besprechungen Videokonferenzen einsetzen, dann würde man viel Sprit und Zeit sparen. Ich habe die Hoffnung, dass nach der Krise Betriebe mit guten, klimafreundlichen Ideen einen Aufschwung erleben werden.

Bongard: Wird Kirche auch nach der Krise mehr im digitalen Raum stattfinden?

Huhn: Kirche soll dahin gehen, wo die Leute sind, also auch ins Netz. Zum Thema Social Media: ich mache im Moment nicht mehr und nicht weniger Facebook und Instagram als vorher. Manchmal kamen schon ältere Gemeindeglieder zu mir und erzählten, dass ihre Enkelkinder ihnen auf dem Smartphone gezeigt haben, was die Pfarrerin Schönes gepostet hat. Das freut mich! Neue Medien brauchen neue, elementarisierte Formen, denn analoge Formate sind nicht Eins zu eins ins Netz übertragbar. So sollte zum Beispiel eine Predigt auf Youtube am besten nur einen einzigen Kerngedanken transportieren. Ein Insta-Post darf nur wenige Worte zeigen. Für digitalen Content gilt: ansprechend, kurz und griffig.
Grundsätzlich ist aber die persönliche Begegnung mit Menschen nicht ersetzbar. Freuen wir uns auf das Danach, wenn persönliches Beisammensein wieder möglich sein wird.

Hinweis: Die Reihe „Kreuz-Verhör“ mit Nadine Bongard werden wir in loser Folge fortführen.

Obwohl die Gastronomiekunden der Westerwald-Brauerei bereits viele innovative Möglichkeiten entwickelt haben, ihre Geschäfte zumindest teilweise weiter zu betreiben,
sind die Absatzeinbußen dennoch enorm. Um aktuell Soforthilfe zu leisten, hat sich die Westerwald-Brauerei mit der Aktion „Westerwälder Wirtschaftsförderung“ ein mehrstufiges Maßnahmenprogramm einfallen lassen, das im doppelten Sinne wörtlich genommen werden darf.

Das Prinzip von Teil 1 der Wirtschaftsförderung: Kunden können auf einem von der Brauerei entwickelten Onlineportal für die Zeit nach der Wiedereröffnung Gastronomie-Gutscheine für ihre Lieblingsgastronomie bestellen. Je 10,- € Gutschein-Wert gibt es dazu von der Brauerei ein Freibier 0,3 l geschenkt. Beispielrechnung: Bei Gutscheinen im Wert von 50 € sind das 5 Freibier. Wenn man einen Durchschnittsbierpreis von 2,30 € zu Grunde legt, kommt man auf einen Rabatt auf 11,50 € in Form von Freibier.

Zusätzlich haben die Kunden auf dem Portal die Möglichkeit, ihrem Lieblings-Wirt ein online-Trinkgeld zu hinterlassen, das ohne Abzüge dem Gastronomen weitergeleitet werden. Denn Trinkgeld gehört in der Gastronomie zur mitkalkulierten Einnahmequelle, die den Wirten in dieser Zeit neben dem Umsatz fehlt. Die Einnahmen aus dem Gutschein-Verkauf und den Trinkgeldern werden den Gastronomiebetrieben wöchentlich überwiesen.

Gastronomie-Vertriebsleiter Benny Walkenbach: „Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Wir stehen unseren Kunden derzeit tatkräftig zur Seite, sei es bei der Beantragung von staatlichen Hilfen oder auch im beratenden Sinne. Aber mit diesem Portal nehmen wir auch unsere Endkunden mit ins Boot, tatkräftig die regionale Gastronomie zu fördern. Da müssen wir jetzt alle an einem Strang ziehen.“ Die Westerwald-Brauerei hatte bereits vor Wochen zu Beginn der Covid-19-Krise das Versprechen gegeben, dass bis auf Weiteres keine Stornokosten für Mietmaterial bei abgesagten Veranstaltungen berechnet werden und darüber hinaus bei eigenen Gastronomieobjekten die Pacht erlassen wird.

Dabei wird das Portal aktuell auf sämtlichen Wegen beworben. „Die Resonanz, die wir momentan zur Aktion erhalten, ist sehr gut und durchweg positiv“, freut sich Marketingleiterin Simone Kerschbaum. „Der Gutschein-Verkauf wird sehr gut angenommen und immer mehr Gastronomen präsentieren sich auf der Plattform, die unter www.hachenburger-store.de zu finden ist.“

Die Aktion wird noch bis zur Wiedereröffnung der Gastronomie laufen und schon bald durch Teil 2 der Aktion Wirtschaftsförderung ergänzt. „Wie genau, wollen wir an dieser Stelle noch nicht verraten“, so Brauereichef Jens Geimer. „Aber so viel sei versprochen: Wir werden mit aller Kraft und Tatendrang regional einkaufen und handeln. Das ist der Beitrag, den wir als Brauerei leisten können, und das werden wir auch weiterhin.“